Die Risiken, die am wahrscheinlichsten eintreten und die größten Auswirkungen haben, sind die gefährlichsten für Ihr Projekt. Deshalb gilt es, nach der subjektiven qualitativen Risikoanalyse eine objektivere Bewertung durchzuführen: die quantitative Risikoanalyse. Sie basiert auf Zahlen und Fakten und ist deshalb zeitaufwendiger. Ziel ist, den Risiken einen Betrag an Zeit und Geld zuzuordnen, um aus diesen quantitativen Schätzungen Sicherheitsreserven für Zeit und Kosten bilden zu können. Der folgende Beitrag zeigt die komplexen Werkzeuge und Techniken, mit denen Sie die quantitative Risikoanalyse umsetzen können.
Notwendige Pläne und Dokumente
Für die quantitative Risikoanalyse benötigen Sie die folgenden Eingangswerte:
- Der Risikomanagementplan beschreibt die Herangehensweise an die quantitative Risikoanalyse und ist deshalb ein wesentlicher Input.
- Der Kostenmanagementplan enthält die Beschreibung, wie Sie die finanziellen Reserven entwickeln und managen. Dollarbeträge werden als Schlüsselkenngröße eingesetzt und ergeben summiert die Kostenreserve für das Projekt.
- Der Terminmanagementplan beinhaltet die Richtlinien für die Entwicklung und das Management von Terminplanreserven. Diese berechnen Sie, indem Sie Zeit als Messgröße verwenden.
- Die Ergebnisse der quantitativen Risikoanalyse aktualisieren das Risikoregister mit spezifischen Informationen über die einzelnen Risikobewertungen. Deshalb ist das Risikoregister ein wichtiger Eingangswert für den Planungsprozess.
- Nützliche Werte aus Unternehmensprozessen sind etwa historische Informationen, die das Unternehmen aus vorhergehenden quantitativen Risikoanalysen gewonnen hat.
- Jegliche Branchenstandards wie die ISO 31000 sowie Risikodatenbanken von Risikoexperten sind Umweltfaktoren, die Sie für die quantitative Risikoanalyse nutzen können.
Komplexe Werkzeuge und Techniken erfordern Risikoexperten
Da die quantitative Risikoanalyse zeitaufwendiger ist, wird sie nur für die Risiken mit der höchsten Wahrscheinlichkeit und den größten Auswirkungen durchgeführt. Notwendig sind spezielle Informationen sowie komplexe Werkzeuge und Techniken. Deshalb führen diesen Planungsprozess oftmals Risikoexperten durch, die über langjährige Erfahrungen und wichtige historische Informationen verfügen.
Datensammlungs- und -darstellungsmethoden
Damit Sie quantitative Messgrößen der Risikowahrscheinlichkeit und -auswirkung entwickeln können, benötigen Sie zuverlässige Daten. Diese gewinnen und präsentieren Sie mithilfe der folgenden Datensammlungs- und -darstellungsmethoden:
- Interviewtechniken setzen auf die Erfahrungen und Fähigkeiten von Experten. Diese stellen Ihnen die Informationen zur Verfügung, die sie selbst in einer quantitativen Bewertung der Wahrscheinlichkeit und Auswirkungen von speziellen Risiken gewonnen haben. Deshalb werden Sie wahrscheinlich eine Bandbreite an Antworten erhalten, auf die Sie die sogenannte Drei-Punkt-Schätzung anwenden können.
- Wahrscheinlichkeitsverteilungen wie die normale Wahrscheinlichkeitsverteilung, die Betaverteilung, die Dreiecksverteilung und die Gleichverteilung können Sie nutzen, um die speziellen Risikowahrscheinlichkeiten und -auswirkungen zu quantifizieren. Wählen Sie anhand Ihrer professionellen Erfahrungen und der historischen Informationen die passende Variante.
Quantitative Risikoanalyse- und Modellierungsmethoden
Hierbei werden komplexe statistische und mathematische Ansätze zur Berechnung und Auswahl der Risikowahrscheinlichkeit und -auswirkung eingesetzt. Aufgrund der Komplexität übernimmt meistens Software die Ausführung. Die folgenden quantitativen Risikoanalyse- und Modellierungsmethoden gehören zu den beliebtesten Techniken:
- Sensitivitätsanalyse: Mit dieser Technik betrachten Sie verschiedene Aspekte des Projektes und deren Auswirkungen auf die Projektrisiken, um zu bestimmen, welche Teile am empfindlichsten auf Risiken reagieren. Es handelt sich dabei um ein sehr komplexes Set aus Berechnungen, das spezifisches Wissen und Expertise voraussetzt.
- Tornadodiagramme: Diese Histogramme oder Balkendiagramme werden oft genutzt, um die Ergebnisse der Sensitivitätsanalyse darzustellen. Ihren Namen verdanken sie ihrer Erscheinung: Die Datenkategorien sind vertikal statt horizontal angeordnet – die größte Kategorie an oberster Stelle, die anderen folgen in abnehmender Größe. Damit sieht das Diagramm wie ein Tornado aus.
- Analyse des erwarteten Geldwertes: Mit dieser Methode können Sie die quantitative numerische Wahrscheinlichkeit und Auswirkung speziellen Optionen zuordnen und daraus den erwarteten Geldwert jeder Option entwickeln. Abhängig vom kalkulierten Ergebnis sind Sie dann in der Lage, Ihre Entscheidung zu beziffern. Die Qualität des kalkulierten Ergebnisses ist nur so gut wie die Qualität der verwendeten Informationen. Deshalb ist es wichtig, Ihre Annahmen zu dokumentieren. Wenn sich später Änderungen ergeben, können Sie schnell neu berechnen. In der Praxis ist es üblich, die Analyse des erwarteten Geldwertes grafisch durch einen Entscheidungsbaum darzustellen.
- Modellierung und Simulation: Bei der Monte-Carlo-Simulation, der gebräuchlichsten Methode, werden alle potenziellen Ergebnisse mehrmals mit verschiedenen Eingangswerten modelliert und berechnet. Ziel ist, die wahrscheinlichsten Ergebnisse zu erhalten und eine Wahrscheinlichkeitsverteilung zu entwickeln. Mit der Methode können Sie die Wahrscheinlichkeiten vieler verschiedener Risiken ermitteln. Dadurch haben Sie und Ihr Team die Möglichkeit, die Risiken zu bestimmen, die am wahrscheinlichsten und unwahrscheinlichsten eintreten. Da es sich dabei um eine sehr komplexe Form der mathematischen Modellierung handelt, ist der Einsatz von Software notwendig.
Aktualisieren Sie das Risikoregister nach der quantitativen Risikoanalyse
Zu den Projektdokumenten, die Sie nach der quantitativen Risikoanalyse aktualisieren müssen, gehört vor allem das Risikoregister. Alle Berechnungen, die durch die quantitative Risikoanalyse erzeugt wurden, bringen das Risikoregister auf den aktuellen Stand. Dazu zählen die quantitativen Wahrscheinlichkeiten der einzelnen Risiken, die quantitativen Auswirkungen der einzelnen Risiken in Bezug auf Kosten und Zeit sowie daraus folgend eine priorisierte Liste der quantifizierten Risiken.
Mit der quantitativen Risikoanalyse können Sie die Projektrisiken weiter verfeinern. Wenn Sie Risikoexperten und spezielle Software einsetzen, um die komplexen Techniken der quantitativen Risikoanalyse ausführen zu lassen, erhalten Sie am Ende eine verlässliche Übersicht über die wahrscheinlichsten Projektrisiken.
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